Frauensport im Aufwind: Auch im Eishockey holen die Athletinnen auf
Männerbastion Eishockey? Dass die Herren in den meisten Sportarten national und international dominieren, steht außer Frage. Doch langsam, aber sicher holen die Frauen auf. Eishockey ist dabei keine Ausnahme. Auch wenn die deutsche Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2024 sich nach einem harten Kampf auf dem Eis im Viertelfinale gegen Tschechien mit 1:0 geschlagen geben musste, zählen die Frauen aus der Bundesrepublik zu den beständigsten Teams. Für ein Land, das nicht gerade eine Wintersporthochburg wie Kanada, die USA und die Schweiz ist, ist das beachtlich. Die deutsche Torhüterin Sandra Abstreiter, die im kanadischen Ottawa beim PWHL-Club unter Vertrag steht, wurde vom Welteishockeyverband sogar für die Auszeichnung als beste Spielerin des Jahres nominiert.
Die deutsche Eishockey-Bundesliga hat in der vergangenen Saison bei den Frauen erstmals einen ausländischen Club als 7. Mannschaft aufgenommen. Der niederländische Meister Amsterdam Tigers landete nach 24 Spieltagen zwar am Tabellenende, aber die Teilnahme in Deutschland zeugt auch vom steigenden Interesse am Frauen-Eishockey. Amtierender deutscher Meister bei den Damen ist der ERC Ingolstadt. Vizemeister sind die ECDC Memmingen Indians.
Zu den Faktoren, die dazu beitragen, den Frauensport mehr ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, zählen außer WM-Übertragungen und Streaming auf den Sportkanälen und Plattformen wie Twitch und YouTube auch Slots. Die schnellen Spielautomaten bieten immer mehr sportorientierte Games, und Athletinnen als Spielfiguren sind zunehmend zu finden.
Obwohl auch beim Nachwuchs die Jungen das größere Kontingent bilden, waren 2021 immerhin rund 750 Mädchen in Eishockey-Vereinen aktiv. Bei den Jungen waren es rund 6500. Eines der Probleme ist die Unterteilung. Bis ins Alter von 13 oder 14 Jahren sind die Mannschaften gemischt. Danach werden sie aufgeteilt, so dass nur ein Club mit genügend Aktiven tatsächlich eine Mädchenmannschaft aufstellen kann.
Dabei waren die Frauen in den Anfängen des Sports genauso akzeptiert wie die Männer. Der Kufensport in Europa war in erster Linie aus dem angelsächsischen Raum in den 1880er Jahren in die Schweiz gekommen. Exklusive Internate am Genfer See, in denen junge adelige Fräuleins oder solche aus reichem Hause den letzten Schliff erhielte, aber auch die Winterkurorte in den Waadtländer Voralpen und Graubünden halfen dabei, den Sport zu importieren.
Als Hochburg entpuppte sich bald das Grand Hotel, in dem britische Touristinnen aus der Oberschicht Urlaub machten. Zu ihrer Freizeitbeschäftigung gehörten tagsüber Schlittschuhe, Schläger und Puck auf dem Genfer See und abends die Diskussion über den Sport. Fortschrittliche Geister begrüßten das, während altmodischere Leute schwerwiegende gesundheitliche Folgen für das schwache Geschlecht sowie den Verfall der Sitten befürchteten.
Dass Männer und Frauen durchaus auch im Erwachsenenalter gemeinsam oder auch gegeneinander spielen konnten, wurde unter den Anhängern des Sports schon bald als selbstverständlich angesehen. Eine Partie zwischen männlichen und weiblichen Hotelgästen in Leysin ging 1905 unentschieden aus. Eishockey und Schlittschuhlaufen für die Damen wurden sogar als Werbemittel genutzt, um die Schweiz als Wintertourismusziel bekannt zu machen.
Die etablierten Vereine waren allerdings weniger tolerant, genau wie im benachbarten Deutschland. Frauen blieb die Tür zu den Eishockeyclubs lange verschlossen und mit zunehmender Zahl an Athleten entwickelte sich der Sport seit dem Ersten Weltkrieg zur Männerdomäne.
Dass die Duelle auf Kufen als besonders maskulin galten, fiel zeitlich mit dem Wechsel vom eher gemächlichen britischen Bandy zum deutlich härteren und schnelleren kanadischen Eishockey zusammen. In der Neuen Welt waren die Frauen allerdings schon lange als Athletinnen akzeptiert. Frauen-Eishockey als mehr als nur ein Urlaubszeitvertreib gab es in Kanada bereits in den 1890er Jahren.
In den 1930er Jahren gab es in Europa eine kurze Hoffnung für die Frauen, im Eishockey und in anderen Disziplinen ernst genommen zu werden, doch die schwand spätestens mit dem Zweiten Weltkrieg. Mehr als drei Jahrzehnte dauerte es hinterher, bis allmählich wieder Frauenteams entstanden. Führend waren dabei vor allem die skandinavischen Länder.
Die erste offizielle Frauen-Weltmeisterschaft im Eishockey fand 1990 statt, ein Jahr nach der ersten Europameisterschaft.
Der Gedanke, dass Frauen nicht nur hervorragende Spielerinnen, sondern auch Trainerinnen sein können, setzt sich erst allmählich durch. Die ehemalige deutsche Nationalspielerin Miriam Thimm hat nach ihrer aktiven Karriere auf dem Eis unter anderem sowohl Eishockey-Frauen wie auch die Männerteams in Düsseldorf, Duisburg und Bergkamen gecoacht. Sie ist außerdem Mitglied im 2020 gegründeten Female Coaches‘ Program der NHL Coaches‘ Association.
Die Kanadierin Jessica Campbell ist vielen deutschen Fans noch aus ihrer Zeit als erste Frau unter den Trainern in der Bundesrepublik bekannt. Sie war 2020/2021 zu den Nürnberg Ice Tigers geholt worden, um die Eishockey-Herren als Co-, Skating- und Skills-Trainerin in Form zu bringen. Sie beeindruckte die Eishockeyexperten so sehr, dass sie ins Trainerteam der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2022 in Finnland aufgenommen wurde.
Ein noch verlockenderes Angebot zog sie 2022/2023 weg aus Deutschland, aber sie hält immer noch ein Auge auf die hiesige Entwicklung, vor allem, was die Eishockey-Frauen betrifft. Noch wird der Sport von den Männern dominiert, aber die Frauen holen auf, auf dem Eis und auf den Trainerbänken.
Text: Bazoom
Foto (Theresa Schafzahl): Nicolas Zangerle
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