Der Mut zum Risiko zahlt(e) sich aus

Dez. 29, 2024 | International

Frauen-Coaches in einem Frauen-Team: Heute eine Selbstverständlichkeit, früher nur im Mutterland des Eishockeys, in Kanada, denkbar. Die ZSC Lions Frauen setzten schon früh auf einen weiblichen Headcoach – und wurden für den Mut belohnt.

«Wer hat’s erfunden?» Nun, die Antwort auf die Frage in einem Werbespot heisst für einmal nicht «die Schweizer», sondern «die Kanadier». Geht es um weibliche Coaches oder Management-Positionen, so ist das Mutterland des Eishockeys in den 90er-Jahren ein Trendsetter. Die Liste der Namen, die Frauenpower an die Bande und in die Teppichetage brachten, ist lang. Kanada zeigte Europa, wo der Weg lang geht. Allen voran die heute 61-jährigen Melody Davidson und Shannon Miller, die zusammen nicht weniger als acht WM-Titel auf der Kommandobrücke des kanadischen Nationalteams holten. In der Schweiz spielte die ehemalige Nati-Teammanagerin Barbara Müller eine Vorreiterrolle: Sie setzte bereits 1996 auf die Kanadierin France Montour, gefolgt von Diane Michaud (2001 – 2004) und Daniela Diaz (2015 – 2019).

Die richtige Persönlichkeit finden

Der Blick zurück in die Annalen der Schweizer Klubs zeigt, dass in der Schweiz – einmal mehr – die ZSC Lions und mit ihnen Angelika Weber, die Gesamtleiterin ZSC Lions Frauen, die Pioniere in der Förderung von weiblichen Trainer-Eigengewächsen waren. Weber: «Eine Frau an der Bande unseres Frauenteams war bereits früh ein Thema, aber leider hatten wir lange Zeit keine Optionen. Es ging und geht auch heute noch darum, die richtige Persönlichkeit zu finden. Als damals Daniela Diaz diesen Weg gehen wollte, haben wir zugepackt. Diaz erwies sich als Glücksgriff. Unter ihrer Führung holten wir von 2010 bis 2016 vier Meistertitel.»

Frautschi: schon acht Jahre dabei

Diaz machte das Frauen-Coaching hierzulande salonfähig. In den Jahren nach ihrem Abgang zum Frauen-Nationalteam setzten die ZSC Lions Frauen diese strategische Ausrichtung fort mit Diane Michaud (2018 – 2020) und Angela Frautschi (seit 2021), vorher vier Jahre GCK Lions und zwei Jahre Assistentin von Daniela Diaz. Sie habe eigentlich gar nie daran gedacht, Coach zu werden, erinnert sich Frautschi heute, fügt allerdings an: «Eishockey war und ist meine grosse Leidenschaft, deshalb sagte ich auch ohne lange nachzudenken zu, als Daniela Diaz mich 2016 nach meinem Karriereende als Spielerin fragte, ob ich sie als Assistentin unterstützen wolle.» Heute, acht Jahre später, ist Frautschi nach wie vor Feuer und Flamme: «Es bereitet mir grosse Freude, mit talentierten Athletinnen auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten. Zu sehen, wie sie an ihrer Aufgabe wachsen und sich gegenseitig vorantreiben.»

Für Angelika Weber hat sich der Entscheid, auf Frauen und insbesondere ehemalige Spielerinnen als Coaches zu setzen, längst gelohnt, auch wenn sie sagt: «Früher war ein Frauen-Coach im Vorteil, weil sie den Spagat der Spielerinnen zwischen Sport und Arbeit, Schule und Privatleben, besser nachvollziehen konnte. Durch die Entwicklung unseres Sports ist dies jedoch nicht mehr unbedingt massgebend. Wichtig ist, dass ein Coach Emotionen und Begeisterung zum Thema transportieren kann, dann funktionierts. Zusätzlich hilft meines Erachtens, dass eine Trainerin selten «schreit» und weiss, dass sie viel erklären muss.» Ehemalige Spielerinnen, vor allem auch ehemalige Nati-Spielerinnen, könnten zudem eine Art Vorbild für die Girls sein, sagt Weber: «Sie kennen den Weg an die Spitze und können diesen den Spielerinnen aufzeigen.»

Strategie nie in Stein gemeisselt

Die heutigen Teams der ZSC Lions Frauen, GCK Lions Frauen und ZSC Lions Girls vertrauen allesamt bewährten Kräften aus der eigenen Organisation: Die beiden Assistentinnen im PostFinance Women’s League-Team, Cyndy Kenyon und Caroline Baldin, haben beide bei den Löwinnen gespielt, Baldin sogar sieben Jahre lang. Auch Claudia Hess-Bucher, die heute 50-jährige Ex-Spielerin und Trainerin des «alten» ZSC Cosmos Teams, gibt ihre Erfahrung als Headcoach den ZSC Lions Girls weiter. Vor den aktuellen weiblichen Coaches waren mit Angela Taylor, Tatjana Diener, Alea Erb, Stefanie Kühne und als «Notfallcoach» Angelika Weber auch alles Eigengewächse an der Bande eines der Lions-Teams tätig. Der Staff der GCK Lions Frauen besteht aktuell aus zwei männlichen Coaches, unterstützt durch eine weibliche Goalietrainerin und die entsprechende Betreuung. Diese Konstellation zeigt auf, dass bei den Lions Frauen nicht alles in Stein gemeisselt sein muss und man die Strategie auch immer wieder überdenkt. «Eine ideale Situation ist, wenn der Headcoach weiblich und der Assistent männlich oder umgekehrt ist, dann hat man beide Elemente im Coaching-Staff», sagt Weber dazu.

Die Pyramide der Lions Frauen-Organisation spielt also ein weiteres Mal: Die Lions entwickeln und fördern nicht nur Spielerinnen, sondern auch Coaches. Und ein weiteres Mal offenbart sich: Der Mut zum Risiko, zu einem neuen Weg, zahlt sich für die Löwinnen aus.

Lions-Staff
Gesamtleitung: Angelika Weber
Stellvertreter: André Weber

ZSC Lions (PFWL)
Cheftrainerin: Angela Frautschi
Assistenten: Cyndy Kenyon, Richi Novak
Torhütertrainerin: Caroline Baldin
Teamarzt: Daniel Burger
Physio: Manuela Oettli
Off-Ice-Trainer: Marc Leuenberger
Teamleiter: Tom Naef
Statistiker: Fabian Weiss
Spielorganisation: André Weber
Social Media: Jessica Schlegel
Leiter Game Officials: Sevi Isler
Sportliche Leitung: Angelika Weber

GCK Lions (SWHL-B)
Cheftrainer: Räto Stadler
Assistent: Beat Huwyler
Torhütertrainerin: Taylor Cook
Betreuerin: Jacky Beck
Social Media: Miriam Beck
Leiter Game Officials: Sevi Isler
Sportliche Leitung: André Weber

ZSC Lions Girls (SWHL-C)
Cheftrainerin: Claudia Hess-Bucher
Assistenten: Tereza Lahova, Beat Hess
Teamleiterin: Maureen Schlosser
Social Media: Captains Team
Leiter Game Officials: Sevi Isler
Sportliche Leitung: André Weber

Bericht: PM ZSC Lions Frauen
Fotos: ZSC Lions Frauen

Beitragsbild: Angela Frautschi, Cyndy Kenyon, Claudia Hess-Bucher und Caroline Baldin (v.l.n.r.) sind weibliche Trainer-Eigengewächse, die von den Lions gefördert wurden. Alle waren Spielerinnen bei den Löwinnen, bevor sie die ersten Schritte ins Coaching machten.

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