Cool aufspielende Finninnen zerstören Schweizer Traum vom Bronzecoup
Es hat nicht sollen sein: Nachdem die Schweiz die Partie lange offenhalten konnte, setzte es im letzten Drittel drei bittere Gegentore. Gegen disziplinierte, kompakte und abgezockte Skandinavierinnen fand die Frauen-Nati einfach kein Rezept, um den Bronzecoup von Sochi 2014 zu wiederholen.
Colin Muller setzte auf Andrea Brändli im Tor und die Topreihe Stalder-Müller-Stänz. Die Schweiz startete druckvoller, die Finninnen benötigten einige Zeit, um ins Spiel zu kommen. In der 10. Minute mussten sie eine Unterzahl wegen Behinderung von Brändli hinnehmen. Suomi verstand es aber viele Sekunden zu schinden und ließ die Frauen-Nati nur zu einer guten Chance kommen.
Die Strafe war eine halbe Minute abgelaufen, als Vivii Vainikka und Elisa Holopainen mit schnellem mehrfachen Doppelpass nach vorne zogen und fünf Schweizerinnen düpierten. Konnte Noora Tulus‘ Schuss noch von Brändli abgewehrt werden, setzte Vainikka erfolgreich nach. Auch in dieser Situation im Getümmel zwei Finninnen gegen vier Schweizer Feldspielerinnen erfolgreich. Sehr ärgerlich nach dem überzeugenden Start.
Ein Schwachpunkt der Frauen-Nati war im bisherigen Turnier immer wieder die Konzentration nach einem Gegentor, und so kamen die Blau-Weißen im Anschluss zu einer weiteren brandgefährlichen Gelegenheit, die glücklicherweise folgenlos blieb. Das Tor gab Finnland Auftrieb, und Brändli hatte mehr zu tun als ihr Gegenpart Anni Keisala.
Knapp sieben Minuten waren noch auf der Uhr, als die Eisgenossinnen ihre erste Unterzahl zu überstehen hatten. Noemi Ryhner musste zeitweise ohne Schläger auskommen, aber man überstand die heikle Phase. Im Gegenzug legte Lena Marie Lutz im finnischen Drittel in der Rundung nach, Lara Stalder stibitzte sich die Scheibe und legte auf Shannon Sigrist für eine Chance vor. Finnland aber weiter das bessere Team, auch die ersten 67 Sekunden ihres zweiten Powerplays konnten die Schweizerinnen nicht in Zählbares verwandeln.
Dies galt auch für Teil 2 der Überzahl zu Beginn des zweiten Drittels. Die finnische Dominanz setzte sich fort, Andrea Brändli musste mehrere Großchancen entschärfen, die Musik spielte überwiegend im Schweizer Drittel. Suomi verstand es, die lange Bank zu nutzen, die Schweizerinnen wirkten etwas verunsichert. Finnland nicht nur mit mehr, sondern auch besseren Chancen immer wieder gefährlich. Sehr zittern musste man in der 28. Minute, doch Andrea Brändli fing bei finnischem 2-auf-1 den Schuss von Vainikka, als Noora Tulus schon gefährlich heranzog.
Die ersehnte Reaktion zeigte Lena Lutz und nutzte einen finnischen Scheibenverlust zum Alleingang, doch ihre Riesenchance wehrte Keisala ab.
Der Schwung gab der Schweiz Selbstvertrauen und mit einer Überzahl eine weitere Powerplay-Chance. Die Frauen-Nati engagiert, doch Finnland hielt gut dagegen. Es gelang in der Folge mal die lange Bank zu nutzen, aber gegen die disziplinierte und kompakte finnische Defensive tat man sich schwer.
Zweites Powerplay für die Skandinavierinnen in der 37. Minute, die ein ums andere Mal gefährliche Chancen kreierten, aber an Andrea Brändli gab es kein Vorbeikommen.
34 zu 9 Torschüsse zur zweiten Pause verdeutlichten die finnische Dominanz, aber nach wie vor nur ein Tor Rückstand aus Schweizer Sicht.
Die Frauen-Nati schloss zu Beginn des Schlussabschnitts an Torschüssen etwas auf, und eine neue Überzahlchance bot sich in der 43. Minute. Doch einen Abstimmungsfehler und daraus resultierenden Scheibenverlust nutzte Susanna Tapani und überwand Nicole Vallarios Blocking-Versuch und Brändli mit einem satten Präzisionsschuss zum 2:0, um es leider nochmal zu verdeutlichen in Unterzahl.
Die Eisgenossinnen steckten keine Sekunde auf und versuchten alles, doch die Nordlichter wurden ihrem Favoritenstatus gerecht, einmal mehr unter anderem mit einer Großchance für Vivii Vainikka. Genau zur Drittelmitte Alina Müller und kurz darauf Nicole Vallario mit Versuchen, aber Keisala einfach nicht zu überwinden.
Und es wurde leider nicht besser. Nach dem Shorthander erhöhte Nelli Laitinen mit einem genau sitzenden One-Timer im Powerplay zum 3:0.
Finnland wollte nichts anbrennen lassen und ließ die Schweizerinnen mit frühem Forechecking nicht zur Entfaltung kommen. Zu allem Überfluss setzte es knapp drei Minuten vor dem Ende eine weitere Strafe gegen die Schweiz, und Michelle Karvinen traf 57 Sekunden vor Schluss zum 4:0-Endstand. Genau wie beim 3:0 wieder ein präziser One-Timer.
Wie bei der WM geht die Schweiz im Spiel um Platz 3 leer aus. Die Eisgenossinnen mit Tränen in den Augen und hängenden Köpfen. Ihren Gegnerinnen muss man für ein nahezu makelloses Spiel und die richtige Reaktion in einem für sie schwierigen Turnier Anerkennung zollen. Aber mit etwas Distanz können die Schweizerinnen hoffentlich doch erhobenen Hauptes die Rückreise antreten. Das junge Team ist sehr gereift im Olympischen Turnier, hat sich nicht von hohen Niederlagen gegen Kanada und die USA entmutigen lassen und ist konsequent seinen Weg gegangen. Und obwohl die Niederlage im Bronzespiel höher als bei der WM ausfiel, so hat man doch den Eindruck, dass das Team sich in den vergangenen Monaten und im Turnier weiterentwickelt hat.
Die Arbeit mit dem neuen OYM und dem nicht nur sympathischen, sondern taktisch ausgezeichneten Coach Colin Muller trägt noch nicht die ganz großen ersehnten Früchte, aber die Richtung stimmt absolut. Man merkt, dass dort menschlich eine , Einheit auf dem Eis steht, und es hat großen Spaß gemacht, die Entwicklung nicht nur im Turnier zu beobachten. Woran noch gearbeitet werden sollte, ist der Umgang mit Gegentoren, hier wirken die Schweizerinnen in den ersten Sekunden und Minuten danach immer wieder noch etwas zu anfällig.
Aktuell bleibt es bei der nordamerikanischen Übermacht und dahinter Finnland. Doch auch wenn der Push durch eine spektakuläre Medaille dieses Mal ausbleibt, verdient ein vierter Platz auch in der allgemeinen Wahrnehmung immer mehr Respekt. Denn auch diesen muss man sich erst einmal erarbeiten. Die Schweiz hat sich das Halbfinale und die zweimalige Chance auf eine Medaille in diesem Jahr zweimal verdient, und es wäre den Spielerinnen sehr zu wünschen, wenn sie nicht nur die Erkenntnis, dass sie Großes geleistet haben, verinnerlichen. Sondern noch mehr Unterstützung für ihre harten Mühen erfahren und dies mit Edelmetall gekrönt werden kann.
Finnland – Schweiz 4:0 (1:0, 0:0,0:3)
Tore:
1:0 (11:38) # 24 Vivii Vainikka (# 40 Noora Tulus, # 10 Elisa Holopainen)
2:0 (43:24) SH1 # 77 Susanna Tapani
3:0 (54:24) PP1 # 9 Nelli Laitinen (# 10 Elisa Holopainen, # 88 Ronja Savolainen)
4:0 (59:03) PP1 # 33 Michelle Karvinen (# 16 Petra Nieminen, # 6 Jenni Hiirikoski)
Strafminuten:
Finnland 8, Schweiz 8
Bericht: Redaktion
Fotos: Screenshot SRF
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