«Dieser Titel ist ein Erfolg des Kollektivs»

Jul 12, 2024 | International

Angelika Weber leitet seit 20 Jahren die Geschicke der ZSC Lions Frauen. Im Interview blickt die erfahrene Funktionärin zurück auf die meisterliche Saison 2023/24, aber auch in die Zukunft.

Dritter Titel in Folge, insgesamt der neunte mit den Frauen der ZSC Lions: Ist das nicht eine Genugtuung für Ihre langjährige Arbeit?

Ich kann das nicht einfach mit ja oder nein beantworten. Man muss es etwas anders betrachten: Ich habe selbst 20 Jahre lang beim ZSC Eishockey gespielt. 2004 gab es eine Veränderung in der Organisation des damaligen Frauen-Teams. Ich habe mir überlegt, ob ich die Geschicke des Frauen-Hockeys übernehmen soll oder nicht. Ich wusste, dass das nicht eine schnelle Angelegenheit wird. Meine Tochter kam damals zur Welt. Ich dachte mir, wenn sie dann wirklich Eishockey spielen will, dann muss ich diese Aufgabe übernehmen. Das war der Startschuss, um den organisatorischen Teil zu übernehmen. Mein Mann ist zum Glück sehr stark involviert. Zusammen konnten wir einiges bewegen. Ich wollte den Mädchen und den Frauen ermöglichen, in einem ähnlichen Rahmen Eishockey zu spielen wie die Jungs und die Männer – das war der Hauptgrund und meine Motivation.

Lions-Stürmerin Sara Bachmann sagte jüngst, dass eine Super-Dynamik im Team herrsche. War das der Ausschlag zum Titel?

Der jüngste Titel ist vor allem ein Erfolg des Kollektivs. Mit Sinja Leemann haben wir die beste Schweizerin, die hierzulande spielt. Aber wir hatten keine herausragende Ausländerin, die Tor um Tor schoss, wie das bei anderen Klubs der Fall war. Unsere Spielerinnen mussten andere Lösungen, Lösungen als Gruppe finden, um sportliche Herausforderungen zu bewältigen. Darauf bin ich sehr stolz. Ein weiterer Punkt ist: Wir haben viele Spielerinnen im Team, die aus der eigenen Organisation stammen oder durch uns weiterentwickelt wurden. Diese Fakten sind schon eine Genugtuung.

Wissen Sie schon, wer bleibt und wer geht?

Zurzeit führen wir Gespräche. Vier Abgänge stehen fest: Alessia Baechler und Renée Lendi wechseln zum HC Davos, Vanessa Schaefer wird in Übersee studieren und Christine Deaudelin kehrt nach Kanada zurück. Wir schauen uns nach ausländischen Verstärkungen um. Wir gehen davon aus, dass wir das Team zusammenhalten können und das Kader mit Spielerinnen aus dem Farmteam ergänzen werden. Angela Frautschi bleibt Headcoach.

Wagen wir einen Ausblick auf die nächste Saison: B-Meister EV Zug gilt als ernsthafter Konkurrent für den Titel. Auch andere Klubs wollen aufrüsten.

Die Zugerinnen werden sich in der PostFinance Women’s League bestimmt gut positionieren. Es hat aber auch weitere starke Teams. Auf dem Transfermarkt der Ausländerinnen läuft einiges. Ich glaube, dass die nächste Saison noch spannender wird als die vergangene Saison. Dazu möchte ich sagen: Wir haben uns in der Lions-Organisation stets vorwärtsentwickelt, das werden wir auch weiterhin tun.

Eines der grossen Themen im Frauen-Hockey ist für uns die Nachhaltigkeit der Ausbildung von Juniorinnen: Natürlich ist das Fanionteam das Aushängeschild, wie bei den Männern. Aber es ist uns wichtig, dass sich junge Spielerinnen entwickeln können. Von irgendwo her müssen genügend und die nächste Generation an Spielerinnen herkommen. Deshalb machen wir eine Hockeyschule für Girls. Deshalb gibt es die Lions Girls – ein reines Mädchenteam, das in der dritthöchsten Liga spielt. Und deshalb haben wir die Frauen der GCK Lions in der zweithöchsten Liga. Nur mit Transfers das Team zusammenzustellen, das ist zu kurz gedacht. Hier würde ich mir mehr Initiative der anderen grossen Organisationen wünschen!

Die Spielerinnen studieren oder gehen zu 100 Prozent einem Beruf nach. Zeichnet sich eine Lösung ab, dass Sie sich vermehrt aufs Eishockey konzentrieren können?

Ich stelle mir schon vor, dass sich mittel- oder langfristig die Strukturen für die Spielerinnen in der Schweiz verbessern werden. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es ein reines Profitum geben wird. Es ist ein gesellschaftspolitisches Thema: Frauen und Männer verdienen im Berufsleben unterschiedlich, wie soll es dann im Sport funktionieren? Die Diskussionen punkto Gleichstellung sind auch im Sport akut. Es muss schon in die Richtung gehen, dass die Spielerinnen Teilzeitpensen haben, zumindest während der Saison. Daran müssen wir in der Schweiz arbeiten. Es gibt positive Signale aus der Politik: Ich denke da an Sportministerin Viola Amherd, die punkto Gleichstellung Druck ausübt.

Wie lange möchten Sie sich neben Ihrem Job als Bankangestellte für die Löwinnen engagieren?

Das ist eine schwierige Frage, ich habe mir diese schon selbst gestellt. Solange mir diese Sache Energie gibt und ich diese Energie zurückgeben kann, werde ich das weiterhin tun. Wenn das jedoch nicht mehr der Fall sein wird, muss ich mir überlegen, was das bedeutet. Dieses Engagement ist ein Milizauftrag, ich verdiene mein Geld nicht mit dem Eishockey. Ich wende viel Zeit für die Lions auf.

Der Weg zum Meistertitel

Playoff-Halbfinal (best of 5):
ZSC Lions (2.) – HC Ambri-Piotta (3.), Endstand: 3:1
Resultate: 1:3, 2:1 n.V., 5:2, 3:0

Playoff-Final (best of 5):
SC Bern (1.) – ZSC Lions (2.), Endstand: 2:3
Resultate: 2:3 n.V., 2:1, 1:2, 1:0, 0:3

Bericht: PM ZSC Lions Frauen
Foto: ZSC Lions Frauen

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